Tatortkontrollkommission

unabhängige Kommission zur Untersuchung und Kontrolle der Medialisierung und Visualisierung von Rechtswirklichkeit am Beispiel der ARD-Produktionen "Tatort" und "Polizeiruf 110"

Dienstag, 20. Mai 2008

Schallende Ermittlungen im Münsterland

Tatort vom Sonntag, 18.5.08:
Krumme Hunde (Regie:
Manfred Stelzer, WDR)

Nur zweimal im Jahr gehen Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) auf amüsante Verbrecherjagd.

Diesmal wird der Privatdetektiv Peter Mang mit einer Hunde-Tätowierung im Nacken und Einstichwunden im Rücken halbnackt und von Säure verätzt in einer Baugrube gefunden. Ist er das Opfer seiner geheimen Ermittlungen geworden?

Der Tote Privatdetektiv lässt nicht nur eine Reihe pikierlicher Überwachungsbänder aus dem - wie das Bundesverfassungsgericht formulieren würde - absoluten Kernbereich privater Lebensführung zurück, sondern auch eine riesige Dogge, die - wie Thiel treffend formuliert - "Halbleiter scheißt". Auf dem so wiedererlangten Chip einer Digitalkamera findet Kommissar Thiel Fotos, die ihn auf die Spur der Industriellenfamilie Rummel führt. In der Ehe von Sabine und Markus Rummel scheint es trotz der sauberen Fassade offensichtlich zu bröckeln: Schließlich zeigen die von dem Detektiv aufgenommenen Fotos, dass den Werkschef und seine neue Assistentin Christine Schauer mehr verbindet als nur ein Arbeitsverhältnis. Beauftragt wurde der Privatdetektiv von Alfred Wesskamp. Der ehemalige Werksmitarbeiter ist ein älterer Freund des Hauses Rummel. Wesskamp verrät Kommissar Thiel auch, dass die Firma unter der Führung von Markus Rummel wirtschaftlich jüngst in eine Schieflage geraten ist. Derweil ermittelt Prof. Boerne wieder mal auf eigene Faust. Dass ihm der ermordete Privatdetektiv zum Verwechseln ähnlich sah, lässt den Rechtsmediziner keine Ruhe. Die auffällige Tätowierung des Toten führt ihn in ein einschlägiges Münsteraner Tattoo-Studio. Hier trifft er auf den Weißrussen Jan Sievic – und dessen Kampfhund …

Derweil versucht Vater Thiel vergeblich, dem Sohn seine neue indische Freundin Asha näher zu bringen und etwas familiär zu werden. Die wiederholten Versuche einer gemeinsam Mahlzeit scheitern jedoch immer am laufenden Ermittlungsstand und verleiten
Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) dazu, an Thiels Junior statt das erleuchtete Paar zum Essen zu begleiten und die okulte Asha nach Wegen aus ihrer Rauchsucht zu befragen. Der Rest des überaus unterhaltsamen Tatorts wird daher mit grummeligen, penetranten Mantras, einer hungrigen Dogge und der Frage dominiert, warum Kommissar Thiel ständig eine Mütze tragen muss.

Bewertung:
Die Kommission sieht sich außer Stande, den Münsteraner Tatort einer grundlegenden wissenschaftlichen Bewertung zu unterziehen. Wo die Darstellung polizeilicher Ermittlungstätigkeit so sehr mit den Klischees einer von Intolleranz und Vorurteilen geprägten Gesellschaft spielt, dass deren überzogene Darstellung allenfalls die Lachmuskel anregt, denn ernsthaft als vorbildhafte Blaupause von Realität wahrgenommen werden kann, wird das Lachen zur versöhnlichen Erkenntnis und ist jeder ernsthafte Bewertungsversuch selbst zur Groteske verurteilt. Die Kommission stellt daher lediglich fest, dass sie sich außerordentlich amüsiert hat.

PS: Die Kommission regt die Ehrenmitgliedschaft von Thiel-Darsteller
Axel Prahl in dem polizeibekannten Hamburger Fussballverein an, denn nie hat jemand im öffentlich-rechtlichen Fernsehen so viel Werbung für einen Fussballverein gemacht, wie Prahl für den FC St. Pauli.

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